Hilfe gegen psychosomatische Beschwerden bei Älteren

Studie bestätigt Erfolge von kombiniertem Therapieangebot

Bei vielen älteren Menschen gehen körperliche Erkrankungen mit psychischen Problemen einher, häufig leiden sie auch unter körperlichen Beschwerden ohne organische Ursache – ausgelöst durch Angst, Depression und psychische Belastungen. Sie profitieren umfassend von einem bislang deutschlandweit einmaligen Behandlungsangebot* mit einer Kombination aus Psychotherapie, kognitivem Training, Anleitung zur Stressbewältigung und weiteren Therapieelementen. Das hat eine Studie unter Federführung von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Söllner von der Paracelsus Medizinischen Privat-universität / Klinikum Nürnberg bestätigt.

Die Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena entstand, wurde in der „Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie“ veröffentlicht. Für die Studie füllten 116 Patienten, die zwischen 2009 bis 2010 mit unterschiedlichen Beschwerdebildern an die Tagesklinik überwiesen worden waren, spezielle Fragebögen zu ihrer Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen aus. Darüber hinaus nahmen sie an Tests zu Merkfähigkeit und Denkgeschwindigkeit teil.

Die Befragungen und Tests fanden fünf Wochen vor Therapiestart, zu Beginn und Ende der Therapie sowie acht Monate später statt. Als Kontrollbedingung wurde der fünfwöchigen Therapie eine ebenso lange Wartezeit vorangestellt. Es zeigte sich eine signifikant größere Verbesserung in allen untersuchten Bereichen der kognitiven Leistungsfähigkeit sowie der Lebensqualität unter der Therapie im Vergleich zur Wartebedingung. Die Effektstärken lagen größtenteils im mittleren Bereich, wobei die Werte in Bezug auf die Lebensqualität höher ausfielen als im kognitiven Bereich. Bei der Nachuntersuchung nach acht Monaten waren die erreichten Veränderungen von Lebensqualität und Kognition weitestgehend stabil. Dass sich auch die psychischen Beschwerden der Patienten durch die Therapie verbessern, hatte bereits eine vorangegangene Studie (veröffentlicht in Journal of Psychosomatic Research) gezeigt. Ob dieser positive Effekt weiter anhält, soll eine Folgestudie mit zweijähriger Nachbeobachtungszeit klären.

Die Studienergebnisse bestätigen die Eindrücke des Behandlungsteams sowie die Rückmeldungen der Patienten, bei denen besonders die Gruppenangebote wie das kognitive Training sehr gut ankommen. Eben dieses Gruppenerleben habe neben den verschiedenen Therapieelementen maßgeblichen Anteil am Behandlungserfolg der Tagesklinik, so Professor Söllner: „Viele ältere Patienten sind einsam oder von Vereinsamung bedroht, was psychische Probleme hervorrufen oder verschlimmern kann.“ Der Anschluss an die Gemeinschaft in der Tagesklinik und die sich daraus ergebenden Kontakte steigerten das Selbstwertgefühl und förderten die soziale Aktivität.

Neben Gruppengesprächen und individueller Psychotherapie erlernen die Patienten Entspannungsübungen, Methoden der Stressbewältigung und Achtsamkeit, trainieren ihre geistigen Fähigkeiten und können ihren Gedanken und Gefühlen in der Gestaltungstherapie Ausdruck geben. Zudem erhalten die Patienten im Rahmen der sogenannten Psychoedukation die nötigen Informationen, um ihre Beschwerden besser verstehen und einschätzen zu können: Welche Folgen hat Stress für den Körper? Wie entstehen Depressionen und Angststörungen? Wie kann man zukünftig gegensteuern? Patienten mit behandlungsbedürftigen körperlichen Erkrankungen werden während ihrer Zeit in der Tagesklinik parallel internistisch betreut.

Die Therapie soll gleichzeitig eine Art Starterpaket für die Zeit danach bieten: Die Ärzte und Therapeuten stellen mit jedem Patienten gemeinsam eine Liste mit Zielen auf, die das seelische Gleichgewicht stärken. Das kann ein ehrenamtliches Engagement sein, Kurse in der Volkshochschule, der Besuch einer Selbsthilfegruppe, die Wiederbelebung von Freundschaften und familiären Kontakten oder der Start einer ambulanten Therapie. Nach sechs Monaten treffen sich Patient und Therapeut wieder und besprechen, was umgesetzt wurde. „Diese Verabredung motiviert“, erklärt Söllner.

*Psychosomatische Tagesklinik für Ältere am Klinikum Nürnberg