Vor genau einem Jahr sind 190 Flüchtlinge in ein Heim in der Sophienterrasse in Hamburg-Harvestehude gezogen. Vorangegangen waren zwei erfolgreiche Klagen der Anwohner gegen das Heim. Die Kläger folgten schließlich dem Kompromissvorschlag des Gerichts, statt 220 nur 190 Flüchtlinge in das umgebaute Gebäude des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes aufzunehmen. Wie denken die Anwohner nach der Ansiedlung? Das haben Professor Dr. Jürgen Friedrichs und seine Mitarbeiter Felix Leßke und Vera Schwarzenberg vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität zu Köln untersucht. In einer Befragung von 279 Anwohnern stellten sie fest: Die Flüchtlinge in Hamburg-Harvestehude werden von Einwohnern akzeptiert; aus der zunächst ablehnenden Haltung ist eine überwiegend positive Einstellung in Wohngebiet geworden.
Hier einige Detailergebnisse:
– die meisten Befragten (83,1 %) sagen, das Heim habe Vorteile in dem Gebiet,
– zwei Drittel der Befragten (73,4 %) stehen dem Heim positiv gegenüber,
– nur wenige vermuten eine Abwertung des Gebiets (9,0 %), dass das Gebiet unsicher würde (5,7 %) oder es mehr Konflikte gäbe (5,4 %),
– rund ein Viertel (23,3 %) meinten, es sei gut, dass die Bewohner/innen des reichen Wohngebietes mit der Realität der Flüchtlinge konfrontiert würden,
– zwei Drittel haben keine Angst vor dem Zuzug weiterer Flüchtlinge nach Deutschland,
– nur 24 % haben Kontakte zu Flüchtlingen, zum Teil sind es Kontakte zu der Flüchtlingsinitiative Harvestehude.
– Die Anwohner nehmen nur eine geringe wirtschaftliche Bedrohung durch die Flüchtlinge wahr, wohl aber eine kulturelle Bedrohung (34,5 % resp. 51,7 %).
Gerade angesichts der zahlreichen Proteste in Hamburg lautet die Erkenntnis der Studie: Die Ansiedlung eines kleinen Flüchtlingsheims in einem Wohngebiet der oberen Mittelschicht und Oberschicht ist relativ unproblematisch. Dazu dürften die Aktivitäten der Anwohner/innen in der Flüchtlingsinitiative Harvestehude beigetragen haben. Die Untersuchung geht noch bis Ende 2018; sie wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert. Ein ausführlicher Bericht ist abrufbar bei Professor Dr. Jürgen Friedrichs (friedrichs@wiso.uni-koeln.de).