DFG fördert neues Projekt von Wuppertaler Psychologen
Wenn man bei Google ein Wort eingibt, dann verwenden sogenannte „semantische Technologien“ Informationen über das gemeinsame Auftreten von Wörtern, um vorzuschlagen, was man wahrscheinlich als zweites Wort eingibt. Die Forscher Dr. Markus Hofmann und Prof. Dr . Ralph Radach (Allgemeine und Biologische Psychologie) von der Bergischen Universität Wuppertal haben es sich zum Ziel gesetzt, zu verstehen, wie solche Vorhersagen im menschlichen Gehirn gemacht werden.
Die Wuppertaler Forscher von der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften haben dazu ein Computermodell des menschlichen Langzeitgedächtnisses erstellt. Damit kann vorhergesagt werden, wie einfach ein Wort zu erkennen ist, wenn ihm bedeutungsverknüpfte Wörter vorausgehen. So können wir zum Beispiel das Wort „Stuhl“ dann schneller lesen, wenn ihm das Wort „Tisch“ vorausgeht.
In ihrem Projekt wollen die Wuppertaler Psychologen nun in das Innere des Gehirns „eintauchen“: Im sogenannten Hippokampus generiert das Gehirn neue, sogenannte episodische Verknüpfungen zwischen Wörtern. „Wenn wir beispielsweise eine, nicht ganz alltäglich wirkende, Verknüpfung zwischen den Begriffen ‚Schneeball‘ und ‚Pyramide‘ lernen, dann entstehen im Hippokampus neue Vernetzungen oder sogar neue Neuronen, die eine solche episodische Verknüpfung abbilden“, erklärt Dr. Markus Hofmann.
In den dazu durchgeführten Experimenten werden die Versuchspersonen gebeten, ähnlich wie in Schule und Studium, Wortlisten und Sätze zu lernen. Später sollen die gelernten Wörter von nicht-gelernten Wörtern unterschieden werden. Ziel ist es, den Lernerfolg auf der Basis zweier Prozesse vorherzusagen. „Ein Wort lässt sich zunächst dann gut lernen, wenn es bereits mit vielen anderen Wörtern im Langzeitgedächtnis verknüpft war. ‚Stuhl‘ lässt sich also dann besser lernen, wenn es gemeinsam mit ‚Tisch‘ und „Holz‘ gelernt wurde“, sagt Prof. Radach. Die andere Möglichkeit wäre, dass eine neue, assoziative Verknüpfung im Hippokampus gebildet wurde.
Wenn zwischen „Schneeball“ und „Pyramide“ beim Lernen also eine neue episodische Verknüpfung hergestellt worden ist, dann lassen sich beide Wörter leichter erinnern. „Am besten lässt sich ein ganzer Satz wahrscheinlich dann erinnern und lesen, wenn er sowohl Langzeit- als auch neue assoziative Verknüpfungen enthält“, so die Hirnforscher. Hypothesen dieser Art wollen Ralph Radach und Markus Hofmann durch die Messung von Blickbewegungen beim Lesen prüfen. Zusätzlich soll der Blutsauerstoff- und Stromverbrauch in spezifischen Hirnarealen vorhergesagt werden, die für die Gedächtnisbildung wichtig sind.
Die Untersuchungen zu Gedächtnis und Sprache an der Bergischen Universität sollen grundlegende neurokognitive Prozesse des Lernens und Erinnerns aufklären, die langfristig auch Ansätze für die Diagnostik und Förderung bei Lernstörungen oder altersbedingten Abbauprozessen liefern können.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt mit 400.000 Euro.