Menschliches Erinnerungsvermögen ausgeprägter als bisher angenommen

Relevanz für Zeugenaussagen und weitere Gedächtnisforschung

Forscher der Monash University in Melbourne haben das menschliche Erinnerungsvermögen untersucht und Hinweise darauf gefunden, dass sich das Gehirn Gesichter besser merken kann, als bisher geglaubt wurde. Diese Erkenntnis könnte die Türen für nachfolgende Gedächtnisforschung öffnen und dafür sorgen, dass Augenzeugenberichte einen höheren Stellenwert in der Kriminalforschung einnehmen werden.

Die Studie, welche im Journal Psychological Sciences veröffentlicht wurde, baut auf bereits bestehender Gedächtnisforschung auf und wendet sie an, um die Glaubwürdigkeit von Augenzeugenberichten zu hinterfragen, erklärt Professor Naotsugu Tsuchiya. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass sich Personen bis zu sieben Gesichter einprägen können, was vier bis fünf mehr sind, als Menschen bis dato zugetraut wurde. Eltern, die beispielsweise ihr Kind in einem überfüllten Einkaufszentrum suchen, schauen sich viele Gesichter an, bevor sie das ihres Kindes identifizieren. Die Studie der Monash University deutet nun darauf hin, dass sie sich bewusst bis zu sieben fremde Gesichter merken können, die während der Suche nach dem Kind vom Gehirn verarbeitet werden. Die Fähigkeit sich daran zu erinnern, wo genau im Einkaufszentrum diese Gesichter auftauchten, oder in welcher Reihenfolge, ist dabei limitiert.

Dies bedeutet, dass Augenzeugen vielleicht nicht den genauen Standort oder die präzise Zeit einer bestimmten Szene wiedergeben können, aber ihre Erinnerung an das Gesicht einer bestimmten Person während einer Identifizierung wider Erwarten nützlich sein kann.
Laut Professor Tsuchiya warnt gleichzeitig vor zu großen Erwartungen: Menschen merkten sich zwar, was sie gesehen haben; jedes weitere Detail, das der Erinnerung hinzugefügt werde, schränke das Abrufen der Erinnerung jedoch weiter ein.

Weitere Informationen: Institut Ranke-Heinemann / Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund
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