Drei Viertel aller in Deutschland tätigen Psychologinnen und Psychologen befinden sich im Angestelltenverhältnis. Im Bewusstsein der berufspolitischen Mitverantwortung einer Querschnittssektion wie der unseren für diese Kolleginnen und Kollegen fand am 15. Oktober in Stuttgart die diesjährige Mitgliederversammlung statt. Einen Blick zurück gestatteten wir uns angesichts zweier wichtiger Jubiläen in diesem Jahr dennoch: Das Jubiläum des BDP würdigten wir mit der Vorführung des Films „70 Jahre BDP – nicht von gestern!“; auf das 25jährige Bestehen der Sektion stießen die Anwesenden und Gäste, unter ihnen BDP-Vizepräsidentin Annette Schlipphak und der Vorsitzende der Sektion Klinische Psychologie, Henri Viquerat, mit einem Glas Sekt an.
Über Differenzen hinweg Einendes finden
Die Sektionsvorsitzende Clivia Langer berichtete eingangs über die Aufgabenverteilung im neuen Vorstand und verschiedene Aktivitäten der VS-Mitglieder – von berufspolitisch wichtigen Terminen wie bei ver.di über die Telefon- und E-Mail-Beratung von Mitgliedern u.a. zum kirchlichen Arbeitsrecht bis hin zu den Recherchen und Ausarbeitungen und Vorträgen von Prof. Jürgen Hille zu modernem Verbands-Management und -Marketing. Mit Letzterem hat die Sektion für sich einen Arbeitsschwerpunkt definiert, der auch mit den Themen der Arbeitsgemeinschaften „Zukunft“ (intern und extern) sowie der außerhalb der DK-Beauftragung gegründeten dritten AG zum gleichen Thema korrespondiert. Mit dem Ziel herauszufinden, welche Grundlagen und Ansichten den im Verband bestehenden unterschiedlichen Interessengruppen gemeinsam sind, trafen sich diese drei AG im Sommer 2016 zu einem Workshop und wollen mit ihrer auf gemeinsames Handeln orientierten Arbeit im Sommer 2017 fortfahren.
Arbeitsbedingungen an Kliniken öffentlich machen
Wie wichtig Handlungsfähigkeit des BDP ist, machte auch die Diskussion deutlich, in der Dr. Rainer Doubrawa z.B. von unzumutbaren Arbeitsbedingungen für junge Psychologinnen und Psychologen am Beispiel einer Klinik berichtete. Planstellen und unbefristete Verträge seien nicht die Regel, sondern stellten die Ausnahme dar.
Clivia Langer problematisierte die Lage von Berufsanfängern, die durch unangemessene Bezahlung ausgebeutet würden und aufgegeben hätten dagegen Widerstand zu leisteten. „Junge Psychologen sind oft gezwungen, praktische Tätigkeit ohne Bezahlung zu akzeptieren“, so beschrieb Heinz Goroncy aus Sicht der PPiA das Dilemma. Er schlug vor, für jedes Bundesland eine Liste der Kliniken und deren Leistungen für angestellte Psychologen und Psychologische Psychotherapeuten in praktischer Tätigkeit zu erstellen und so die Arbeitsbedingungen öffentlich, nachvollziehbar und transparent zu machen. Elisabeth Götzinger ging noch einen Schritt weiter mit ihrem Vorschlag, ein bundesweites Ranking von Kliniken zu erstellen – gemessen an Bezahlung und sonstigen Arbeitsbedingungen für angestellte Psychologen, PPiA und Psychologische Psychotherapeuten.
Clivia Langer konnte im Verlauf der MV die Gewinnung von 44 neuen Mitgliedern vermelden. Dass man sich auf diesem Erfolg nicht ausruhen dürfe, spielte nicht nur im Bericht Jürgen Hilles über seine Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften „Zukunft“ eine Rolle. Dabei ging es auch um die Frage, wie man vor allem junge Kollegen für ehrenamtliche Tätigkeit gewinnen kann.
Transparente und sparsame Mittelverwendung
Nach der Vorlage des Kassenberichts 2015 durch Beisitzer und Kassenwart Dr. Walter Roscher wurde der bis Ende 2015 im Amt befindliche Vorstand in Gestalt von Elisabeth Götzinger und Laszlo Pota entlastet. In der Aussprache über den Bericht waren Einsparungen u.a. durch den Verzicht aller Vorstandsmitglieder auf jegliche Aufwandsentschädigungen, die Transparenz der Mittelverwendung und der auch für die Finanzen wichtige weitere Anstieg der Mitgliederzahlen sowie die tarifgerechte Bezahlung der Honorarkraft in der Sektionsgeschäftsstelle) gewürdigt worden. Später erläuterte Walter Roscher den Haushaltsplan 2017. Diesem stimmte die MV per Akklamation zu.
Roscher berichtete zudem von seiner Arbeit in der Antragskommission der DK. Er begrüßte die Möglichkeit für Mitglieder der Sektion, interessante aber auch komplizierte Sachverhalte ausführlich und gut verständlich in Interviewform mit professioneller Unterstützung auf der Webseite darstellen zu können, wie er es in dem Beitrag „Entgelte im kirchlichen Arbeitsrecht“ tun konnte.
Verantwortung für die weitere Gestaltung des BDP auch auf der DK
Mit Blick auf die im BDP anstehende DK, die Neuwahl des Verbandsvorstandes, eine Nachwahl des DK-Vorstands und mögliche Richtungsentscheidungen betonte Clivia Langer, wie wichtig es für die Sektion sei, Stimmen im Parlament des BDP zu haben. Nur so ließe sich auch in diesem Gremium an der weiteren Gestaltung des BDP mitwirken. In der MV wurden Walter Roscher als Delegierter sowie Dr. Peter Eisenack und Dr. Rainer Doubrawa als Ersatzdelegierte für die Wahlperiode vom 1.1.2017 bis 31.12. 2019 gewählt.
Da Laszlo Pota seine Beauftragung als Tarifexperte durch das Präsidium niedergelegt hat, wird dringend nach einem Nachfolger/einer Nachfolgerin gesucht, die Mitglied bei ver.di, im BDP und der SABP ist. Vorschläge sollen dem Präsidium im Februar unterbreitet werden; die Ernennung obliegt dann dem Präsidium. Zu beachten ist dabei, dass ver.di sich nicht nur im Spitzengespräch mit dem BDP darauf festgelegt hat, sich künftig primär mit der dringend notwenigen Verbesserung von Arbeitsbedingungen und vorläufig nicht mit Eingruppierungen zu befassen.
Der MV vorausgegangen war ein Fachvortrag von Diplompsychologin und Kriminologin Dr. Ursula Gasch zum Thema „Terrorismus und Radikalisierung: Kriminalpsychologische Aspekte“., der durch die Verhaftung und den Tod des mutmaßlichen Terroristen Dschaber Al-Bakr besondere Aktualität gewann.