Psychische Gesundheit von Führungskräften auf dem Prüfstand

In Forschung und Praxis der betrieblichen Gesundheitsförderung wurde der Präventionsbedarf von Führungskräften bisher nur unzureichend berücksichtigt. Dabei haben gerade sie aufgrund ihrer hohen Belastungen ein erhöhtes Risiko für psychische Beeinträchtigungen. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Psychische Gesundheit von Manager/innen (PsyGeMa)“, durchgeführt von der SRH Hochschule Heidelberg und dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim (ZI) wurde dieses Thema genauer unter die Lupe genommen.

Prof. Dr. Andreas Zimber betreute die Studie. Bundesweit wurden für die Studie 282 Führungskräfte verschiedener Branchen und Hierarchieebenen befragt.

Sie bestätigte bereits im ersten im September 2015 veröffentlichten Teil das erhöhte Risiko von Führungskräften für psychische Beschwerden. Der jetzt vorliegende zweite Teil der Studie verweist auf einen besonderen Präventionsbedarf für diese Zielgruppe. Präventionsansätze können nach Prof. Zimbers Überzeugung nur dann wirksam sein, wenn die maßgeblichen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen bekannt sind. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag daher bei den Entstehungsbedingungen für psychische Beeinträchtigungen. Diese wurden im Rahmen qualitativer Interviews exploriert. Befragt wurden männliche und weibliche Führungskräfte im Alter zwischen 40 und 62 Jahren. Bei allen waren aktuell oder in der Vergangenheit psychische Beeinträchtigungen aufgetreten, deren Ursache die Befragten vor allem in ihrer Arbeit sahen.

Berichtet wurde insbesondere von Gereiztheit, Nicht-Abschalten-Können, Müdigkeit und Erschöpfung, Schlafstörungen, Nervosität, Angstsymptomen und Zukunftssorgen.

Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die die Bewältigung ihrer psychischen Beeinträchtigungen als erfolgreich darstellten, lag eine aktive Veränderung der Situation vor; Arbeitsmenge und Ansprüche an sich selbst wurden reduziert. Einige Studienteilnehmer hatten die Stelle gewechselt, eine berufliche Auszeit genommen oder private Interessen stärker gepflegt.

Ob Führungskräfte langfristig gesund bleiben, hängt auch von inneren Bedingungen ab. So bestätigte sich durch die Studie, dass überhöhtes Arbeitsengagement, Verausgabungsbereitschaft und Perfektionsstreben sowie eine geringe Distanzierungsfähigkeit vom Beruf sich nachteilig auswirken können. Laut Andreas Zimber wiesen Führungskräfte mit diesen Merkmalen in der Studie ein deutlich erhöhtes Risiko für Irritation, Burnout und depressive Symptome auf.

Für einen erfolgreichen Umgang mit psychischen Beeinträchtigungen nennt Andreas Zimber folgende Faktoren:

  • die Abwesenheit von zusätzlichen privaten Stressoren,
  • die bewusste Wahrnehmung der mit dem Arbeits- und Lebensstil verbundenen Risiken,
  • das Erleben von Handlungskontrolle über die Arbeitssituation sowie
  • das eigene Gesundheits- und Erholungsverhalten.
  • Eine Rolle spiele auch die Gesundheitskultur im Unternehmen. „Erlaubt diese, über psychische Probleme zu sprechen, haben Führungskräfte eine bessere Chance für eine erfolgreiche Bewältigung.“

Aus Zimbers Sicht hat die Untersuchung wertvolle Hinweise für Stresspräventionsansätze geliefert. Das beginne bei der Sensibilisierung der Unternehmen, aber auch der Hausärzte und der Führungskräfte selbst für psychische Gesundheitsrisiken in Führungstätigkeiten. Zudem gehe es um den Aufbau von Bewältigungskompetenzen und den Abbau beruflicher Belastungen. Für Unternehmen seien die Studienergebnisse nützlich, um psychischen Erkrankungen gezielter vorzubeugen. Dazu gehöre auch, für Frauen und Männer sowie für verschiedene Führungsebenen und -persönlichkeiten individuelle Ansätze zu entwickeln, um die psychische Gesundheit zu fördern.

Kontakt: Prof. Andreas Zimber
Tel.: +49 621/ 1703-1560
E-Mail: Andreas.Zimber@zi-mannheim.de