Die Immunisierung mit Umweltbakterien scheint Posttraumatische Belastungsstörungen sowie weitere stressbedingte Erkrankungen zu verhindern. Dies haben Forscher um Prof. Stefan Reber im Mausmodell nachgewiesen. Sollte sich der positive Effekt der „Impfung“ in klinischen Studien bestätigen, wären von Posttraumatischen Belastungsstörungen bedrohte Soldaten eine mögliche Zielgruppe.
Einen Fachbeitrag über die schützende Wirkung des Mycobacteriums vaccae bei Mäusen haben Forscher um Professor Stefan Reber von der Ulmer Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Fachmagazin PNAS veröffentlicht. Die Studie zeigt einmal mehr: Umweltbakterien, denen der Mensch dank moderner sanitärer Maßnahmen und Antibiotika immer seltener ausgesetzt ist, regulieren das Abwehrsystem und verhindern überschießende Immunreaktionen bei Stress. Die Ulmer Wissenschaftler haben in ihrer Studie männliche Mäuse mit inaktivierten Bakterien immunisiert. Dann brachten sie diese Tiere und eine Kontrollgruppe in eine psychosoziale Stresssituation, der sie auch in freier Wildbahn begegnen können: Die Nager wurden in einen Käfig zu einer älteren, männlichen Maus gesetzt, die diesen als ihr Territorium betrachtete. Im Zuge der Revierkämpfe zeigten die „ungeimpften“ Tiere einen passiven Umgang mit der Stresssituation, gekennzeichnet durch unterwürfiges und ängstliches Verhalten. Außerdem entwickelten sie eine Darmentzündung. Der Effekt der „Impfung“ überraschte selbst die Wissenschaftler: „Als Beobachter konnte man sofort erkennen, welche Mäuse immunisiert worden waren. Sie zeigten fast keine Unterwürfigkeit gegenüber dem dominanten Männchen, also eine sehr aktive Stress-Bewältigungsstrategie. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe ließen sich in der Videoanalyse außerdem nur halb so viele Flucht- und Vermeidungshandlungen nachweisen“, erklärt Reber. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe zeigten die immunisierten und chronisch gestressten Mäuse außerdem weniger Ängstlichkeit und entwickelten keine Darmentzündung. Demnach scheint die Immunisierung mit dem Umweltbakterium die Stress- und Trauma-Resilienz zu fördern.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass sich das Darm-Mikrobiom bei allen gestressten Mäusen verändert hatte und nun Entzündungen begünstigt. Allerdings schützte die „Impfung“ mit dem Umweltbakterium und die damit einhergehende Immunregulation die behandelten Mäuse vor entzündlichen Prozessen. Dies gilt womöglich auch für psychische Erkrankungen mit entzündlicher Komponente. Sollte sich dieser Zusammenhang in klinischen Studien beim Menschen bestätigen, wären von Posttraumatischen Belastungsstörungen bedrohte Soldaten eine mögliche Zielgruppe für die Immunisierung mit Mycobacterium vacca.