Folgekosten von psychischen und physischen Traumata liegen im Bereich der großen Volkskrankheiten
In Deutschland ziehen sich jedes Jahr mehr als acht Millionen Menschen körperliche Verletzungen zu, zum Beispiel bei Verkehrsunfällen. Bei Menschen unter 45 Jahren ist Tod durch Trauma sogar die häufigste Todesursache. Oftmals nimmt auch die Psyche durch körperlich traumatische Ereignisse Schaden. Andere seelische Belastungen können durch Missbrauchserfahrungen in der Kindheit, Erlebnisse von Krieg, Flucht und Vertreibung oder den Verlust eines Familienangehörigen verursacht werden.
Entsprechend hoch ist der finanzielle Aufwand für die Behandlung und Rehabilitation der betroffenen Patienten. Schätzungen gehen von über 40 Milliarden Euro pro Jahr aus. Traumata beinhalten neben der physischen Komponente nicht selten auch eine psychische. Psychische Verletzungen können durch Angst, Entsetzen oder ein massives Bedrohungsgefühl ausgelöst werden. In einer repräsentativen deutschen Stichprobe erfüllten 2,3% der Befragten die Diagnosekriterien einer akuten posttraumatischen Belastungsstörung. In der Gesamtbevölkerung sind sogar 15-20% von psychischen Traumafolgen betroffen. Die Folgekosten haben eine ähnliche Größenordnung wie die physischer Traumata. Damit liegt die sozioökonomische Bedeutung physischer und psychischer Traumata im Bereich der großen Volkskrankheiten.
„Wir wissen heute, dass Verletzungen des Körpers und der Psyche in engem Zusammenhang stehen und sich gegenseitig stark beeinflussen können“, erklärte Prof. Anita Ignatius von der Uniklinik.im Januar 2017 bei einem Vortrag anlässlich des 50. Gründungstages der Universität Ulm. „Und genau an dieser Schnittstelle besteht nach wie vor akuter Forschungsbedarf, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es so viele Betroffene gibt.“
Zwischen körperlichen und seelischen Verletzungen bestehe ein enger Zusammenhang. So könnten physische Traumata seelische auslösen. Umgekehrt determinierten psychische Belastungen im Vorfeld auch die Reaktionen auf physische Traumata. Eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten sei daher unbedingt notwendig.
Transdisziplinäre Forschungsansätze, die diese Interaktion untersuchen, fehlten lange Zeit völlig, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Die Universität Ulm hat in den letzten Jahren, besonders seit Einrichtung des Zentrums für Traumaforschung, ihre exzellente Stellung auf diesem Gebiet ausgebaut und deckt breite und wichtige Bereiche von der Prävention über die Erforschung der Schädigungsmechanismen durch Traumata, die Versorgung und Behandlung bis hin zur Rehabilitation von Traumaopfern ab.