Zur Organisations- bzw. Strukturreform des BDP

Wie nahezu alle großen und traditionellen Organisationen (Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine und Verbände) haben auch der BDP insgesamt sowie seine Untergliederungen – Landesgruppen und Sektionen – mit den gleichen Phänomenen zu kämpfen:

  • Mitgliederschwund
  • Überalterung
  • Engagementsreduktion
  • Eigendynamiken (z. B. Partikularinteressenkonflikte)

Die vorliegenden Analysen und Problembeschreibungen der BDP-Situation rekur­rieren sich im Wesentlichen auf die angeblich zunehmende Spezialisierung des Berufs­standes und fordern eine quasi repräsentative Organisationstruktur und Mittel­verteilungsquote (etwas komprimiert: Zentrale reduzieren und Sektionen stärken).

Bei den vorliegenden Problembeschreibungen werden jedoch die wesentlichen Ursachen der BDP-Probleme nicht richtig analysiert:

  • Statt z. B. in der eigenen Sektion nach Problemursachen zu suchen, wird danach ausschließlich in der darüber liegenden Organisationsebene (schuldhaft) gesucht.
  • Die gesamtgesellschaftlichen Ursachen und vorliegenden Problemanalysen werden nicht einmal erwähnt.
  • Die Ergebnisse der Verbände- und NGO-Forschung scheinen den VerfasserInnen nicht bekannt zu sein.

Seit der (jahrzehntelangen aufgeschobenen) Einführung des Psychotherapeutenge­setzes haben sich (rechtslogisch) diverse neue Organisationen gegründet, die die relevanten Funktionen der psychotherapeutischen Fachverbände im Grunde übernommen haben: die Psychotherapeutenkammern (auf Landes- und Bundesebene).
Darüber hinaus gibt eine kaum überschaubare Vielfalt von therapeutischen Therapie-, Fach- und Berufsverbänden die um die Mitgliedschaft insbesondere der psychotherapeutisch arbeitenden Psychologinnen und Psychologen konkurrieren

Wahrscheinlich ist die Mehrheit dieser Verbände und Gruppierungen seit der Verkammerung überflüssig, es ist wohl schwer für die VertreterInnen dieser Organisationen ihre Irrelevanz zuzugeben.

Historisch ist dies ein Indiz für diese Analyse, dass einer der größten Psychotherapeuten­verbände (DPtV) im Grunde eine Art Ausgründung des BDP ist (viele der ersten Vorstands­mitglieder waren zuvor im BDP tätig).
Nach der mir vorliegenden Satzung in der Fassung vom 02.06.2012 kann der DPtV seinen Funktionären Honorare zahlen, was der BDP durch diverse Beschluss­lagen explizit ausschließt.

Fragwürdig ist, ob diese Verbände wirklich einen Gebrauchswert haben, suggerieren können sie es wohl recht erfolgreich, wie u.a. hohe Mitgliederzahlen zeigen. Die tatsächlichen Leistungen sind dagegen minimal (Punktwertanpassungs­infos etc.)
Eine zeitgemäße Umorganisation des BDP würde zwar keine Auflösung der Sektion VPP, aber vielleicht eine Untergliederung in die Sektion Klinische Psychologie bedeuten.
Gerade die Wahrnehmung der zunehmenden Spezialisierung (übrigens in allen Berufs­feldern) wird weltweit mit der ebenso zunehmenden Notwendigkeit der Interdisziplinarität gesehen. Das gilt auch für die Psychologie, Psychotherapie und Wirtschafts­psycho­logie. Im Sinne konkurrierender Ausbildungsorganisationen mutet das Prinzip „frühere Spezialisierung = kürzere Ausbildungszeit = billiger“ durchaus attraktiv an, führt jedoch zu Fachidioten.
Längerfristig erfolgreich ist nur eine Strategie, die das wissenschaftliche (Grund-) Niveau so hoch hält, dass ein interdisziplinäre Zusammenarbeit intellektuell möglich bleibt und (so) gefördert wird.
Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit muss mit (wissenschaftlich fundierter) Weiter­bil­dung bzw. Austausch (niveauvolle Kommunikation) und gutem Informationsservice  kombiniert werden. (weitere Anregungen im Text: Sieben Thesen für die Arbeit der AG Zukunft).
Konkret:

  • Kontinuierliche Verbesserung der Aufbau- und Ablauforganisation als Nonprofit-Organisation (Zuständigkeit Geschäftsführung zusammen mit den haupt­amt­lichen MitarbeiterInnen; Controlling: das Präsidium)
  • Gerade in Zeiten der Spezialisierung und Zersplitterung:
    der BDP stellt sich nach Innen als Heimat und anerkannter Partner dar,
    nach Außen als kraftvoller und anerkannter Partner der berufsständische Interessen vertritt
  • Die AG-Zukunft konzentriert sich im Sinne der Nutzung der „Best Practice-Modellprüfung“ auf Erfolgsfaktoren bei anderen NOP-Verbänden

Prof. Jürgen Hille
Stellv. Sektionsvorsitzender

Psychotherapeutische Dach-, Fach- und Berufsverbände