Paarbeziehungen und Depressionsrisiko

Neue Erkenntnisse von Psychologen der Universität Jena durch Langzeitstudie „Pairfam“

Seit zehn Jahren untersuchen Forscher verschiedener deutscher Universitäten innerhalb der auf 14 Jahre angelegten Längsschnittstudie „Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics“ (Pairfam) Fragen zur Gestaltung von Partnerschaft und Familie in der Bundesrepublik. Dazu befragen sie jährlich 12.000 Personen, deren Partner sowie deren Eltern und Kinder.
Prof. Dr. Franz J. Neyer, der seit 2014 mit Kollegen aus Bremen, Chemnitz, Köln und München an Pairfam beteiligt ist, hat gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Christine Finn und einigen Nachwuchswissenschaftlern der Universität Jena in den vergangenen zwei Jahren im Rahmen von Pairfam wichtige Forschungsergebnisse erzielt.

„Zusammen mit kanadischen Kooperationspartnern ist es uns beispielsweise gelungen, die Wechselwirkung zwischen Selbstwertgefühl und Depression innerhalb einer Paarbeziehung stärker offenzulegen“, informiert Neyer. „So verstärkt ein niedriges Selbstwertgefühl zwar häufig die Depressivität einer Person, ein Partner mit einem größeren Selbstwertgefühl aber kann durchaus eine positive Wirkung auf sie haben und das höhere Risiko, an einer Depression zu erkranken, abpuffern.“ Mit Informationen wie dieser lasse sich möglicherweise die Entstehung psychischer Krankheiten besser verstehen.

Ein weiteres Ergebnis liefert Antworten auf eine der wohl wichtigsten Fragen für Beziehungen: Warum bleiben manche Paare ein Leben lang zusammen, während sich andere wieder trennen? „Ohne eine Langzeitstudie wie Pairfam lässt sich eine solche Problemstellung kaum näher beleuchten“, erklärt Christine Finn. „Denn nur so können wir die Entwicklung einer Beziehung vom Beginn bis zum Scheitern betrachten – und zwar aus der Perspektive beider Partner.“ Genau das hat sie getan und dabei festgestellt, dass die Wahrnehmung der Bedürfnisse des Einzelnen innerhalb einer Beziehung entscheidend ist für den Verlauf des gemeinsamen Weges. „Wenn eine Person innerhalb einer Beziehung beispielsweise darauf bedacht ist, ihre Unabhängigkeit zu bewahren, dann ist es von Vorteil, wenn das auch der Partner so sieht“, erklärt die Jenaer Psychologin. „Wenn aber hier ein Ungleichgewicht vorliegt und jemand das Gefühl hat, er komme zu kurz, dann wird das höchstwahrscheinlich nicht lange funktionieren.“ Paare, die sich einig sind, entwickeln sich synchron und „schaukeln sich nach und nach ein“. Nicht etwa einschneidende Krisensituationen seien also in der Regel verantwortlich für Trennungen, sondern eher persönliche Eigenschaften, die von Beginn an feststehen.

Insgesamt helfen solche wissenschaftlichen Erkenntnisse dabei, die Vielfalt der Partnerschaftsverhältnisse genauer zu erforschen und dabei gleichzeitig die Gesellschaft mitzugestalten. So hätten beispielsweise Kollegen an den Informationen aus der Langzeitstudie Pairfam abgelesen, dass sich nach der Einführung des Elterngeldes auch die Ansichten zur Arbeitsteilung innerhalb einer Partnerschaft verändert haben, erläutert Neyer.

Nun hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Finanzierung für das Projekt verlängert und eine Unterstützung von rund 7,6 Millionen Euro für die kommenden zwei Jahre zugesagt – 1,6 Millionen Euro davon gehen an die Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Für die Daten aus den Befragungen in den kommenden Jahren erhoffen sich die Jenaer Psychologen weitere aufschlussreiche Ergebnisse – nicht zuletzt, da es mit der weiteren Finanzierung durch die DFG möglich ist, nun auch Personen aus den Geburtenjahrgängen um die Jahrtausendwende befragen und den Einfluss des Internets auf Partnerschaften untersuchen. zu können

Kontakt
Prof. Dr. Franz J. Neyer, Dr. Christine Finn,Institut für Psychologie der Universität Jena
T 03641 / 945161, 03641 / 945163
E franz.neyer[at]uni-jena.de, christine.finn[at]uni-jena.de