EG 15-Traum für Psychotherapeuten geplatzt

Informationen und Hintergründe zu den Tarifverhandlungen zwischen ver.di und dem VKA

Angestrebt hatten alle Psychotherapeutenverbände sowie die Kammern in  schöner Einmütigkeit zumindest verbal für PP und KJP die Entgeltgruppe 15. Davon konnte Laszlo Pota Vertreter von ver.di bei der Fachkommissionssitzung im April genauso wie in der Strategiegruppe und der Entgeltgruppe als Mitglied dieser Gremien überzeugen. Diese Überzeugung hat sich ver.di bis hin zur obersten Etage – Frank Bsirske – zu Eigen gemacht. Aus den Verhandlungen heraus berichtete Heike von Gradolewski-Ballin, es gebe Anlass zu Optimismus. –  Zu früh gefreut! In einer weiteren Verhandlungsrunde erklärten die Arbeitgeber  EG 14 für  Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zum maximal Möglichen.

Wenn dies Angebot nicht angenommen würde, so formulierten sie in erpresserischer Manier, ließen sie die Verhandlungen und die gesamte Entgeltordnung komplett platzen. Das konnte ver.di nicht zulassen; dazu ging es bei den Verhandlungen um zu viele Berufsgruppen. Laszlo Pota ist dennoch enttäuscht. „Sylvia Bühler hat uns verkauft“, meinen er und einige Fachkommissionsmitglieder. „Die Entgeltordnung war ihr wichtiger als die Psychotherapeuten.“

Viel zu wenige Psychotherapeuten bei ver.di organisiert

Das ist ein hartes Urteil, das zumindest eine Relativierung verdient: Die Psychotherapeuten sind bei ver.di nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz organisiert. Für rund 200 Mitglieder riskiert eine Gewerkschaft keinen Verhandlungsabbruch. Zigtausend andere würden darunter leiden. Jeder einzelne mag seine Gründe haben, warum er nicht in der Gewerkschaft ist: z.B.  Angst vor den Vorgesetzten oder auch finanzielle Gründe, die sich aus der Zwangsmitgliedschaft in Kammern und der darüber hinaus wünschenswerten Mitgliedschaft in Berufs- und Fachverbänden ergeben . Klar ist aber auch, dass das Auswirkungen bei Tarifverhandlungen  hat.

Gekämpft wie ein Löwe: Laszlo Pota

Dass die Forderung nach EG 15 trotz dieser Sachlage von ver.di zunächst überhaupt mitgetragen wurde, ist eindeutig dem langjährigen SABP-Vorsitzenden und heutigen Mitglied des erweiterten Vorstands der Sektion, Laszlo Pota, zu verdanken, der bis zuletzt wie ein Löwe gekämpft, alle seinen in langen Jahren aufgebauten Kontakte genutzt und sein Wissen und seine Argumentationsstärke in die Waagschale geworfen hat. In privaten Schreiben an den ver.di-Vorsitzenden sowie an Wolfgang Pieper, Mitglied des Bundesvorstands, lieferte er wichtige Argumente für die Forderung nach EG 15. Auch der VKA wurde angeschrieben. Aus dem Verband erfuhr Pota, dass Präsident  Dr. Thomas Böhle (ehemaliger Stadtrat in München) anders der VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann der Forderung nach EK 15 gar nicht so abgeneigt gegenüber stand. Pota mobilisierte weitere Kolleginnen und Kollegen, es ihm gleichzutun. Dank gebührt in diesem Kontext auch Juliane Dürkopp und Dr. Klaus Thomsen, beide BDP- wie ver.di-Mitglieder, die daraufhin ebenfalls an die Tarifkommission  geschrieben haben, so dass die Verhandler – von Sylvia Bühler, Onno Dannenberg bis Wolfgang Pieper – reichlich Post und Informationen von BDP-Seite erhielten.

Auch ein eindringliches Schreiben des BDP-Vorstands an Frank Bsirske geht auf seine Initiative zurück. Als Pota im Verlauf der Verhandlungen an einem Dienstagmorgen erfuhr, wie die Arbeitgeber vorgehen und den Druck auf ver.di massiv erhöhen, hat er sofort  BDP-Präsidenten Prof. Dr. Michael Krämer benachrichtigt und gedrängt, einen Brief an Frank Bsirske zu schreiben. Annette Schlipphak, Michael Ziegelmeier und Laszlo Pota entwarfen den Brief, und dieser ging mit den Unterschriften des gesamten BDP-Vorstands  binnen 48 Stunden an den ver.di-Vorsitzenden. Außerdem wurde ein Schreiben an Dr. Dietrich Munz geschickt mit der Bitte, beim unmittelbar bevorstehenden 28. Deutschen Psychotherapeutentag eine Resolution im Sinne des Briefes zu verfassen. Das ist dann tatsächlich geschehen. Das Endergebnis der Tarifverhandlungen konnte auch damit  letztlich nicht verhindert werden. Es enttäuscht nicht nur Psychotherapeuten, sondern auch weitere fünf Berufsgruppen, darunter Sanitäter und Ergotherapeuten, die ihre Ziele mit Abstand nicht durchbrachten.

Direktstudiums-Idee erwies sich als böse Falle

Pota hatte bereits einige Monate vor Verhandlungsbeginn gewarnt, die Tarifverhandlungen seien zum Scheitern verurteilt. Er tat dies unter dem Eindruck der Bestrebungen, im Rahmen der Novellierung des PsychThG ein Direktstudium für Psychotherapeuten einzuführen. Die Arbeitgeber hatten darauf sofort reagiert. Aus VKA-Kreisen sickerte durch, dass die Psychotherapeuten dem VKA als Verhandlungspartner keinen größeren Gefallen als mit der Direktstudiums-Idee tun konnten. Das angedachte Studium schließe eine EG 15 völlig aus. Daher könnte der VKA eigentlich abwarten und bräuchte jetzt gar nicht über Psychotherapeuten zu verhandeln. Da der Referentenentwurf noch immer „in Arbeit“ und absehbar keine Entscheidung über das Direktstudium durch Novellierung des PsychThG zu erwarten ist, blieb zumindest das nur ein Traum der Arbeitgeber, was nicht heißt, dass die Aussicht auf ein Direktstudium ihre aggressive Verhandlungsweise mitbestimmt hat. Der falsche Ansatz des Direktstudiums war so gesehen die größte Falle, die sich die Psychotherapeutenschaft (jedenfalls die Befürworter desselben) stellen konnte.

Ministerien nicht auf der Seite der Psychotherapeuten

Dass bei den Tarifverhandlungen Vertreter von drei Ministerien (Gesundheit, Innen und Arbeit) mit dabei waren, und mitunterschrieben, dass PT nur EG 14 bekommen, spricht Bände. Sie sind ganz offenbar meilenweit davon entfernt, die Psychotherapeuten als eine weitere freie Berufsgruppe wie die Ärzte zu etablieren.